Die fast perfekte WM

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Es ist wieder so weit und ein weiterer Wettkampf ist vorbei. Doch diesmal handelt es sich nicht um irgendeinen Wettkampf, sondern um die WM. Die Zhik 29er Worlds 2019 in Gdynia. Der Jahreshöhepunkt. Also alles vorbei jetzt? Nein! Zum Glück nicht. Obwohl dies der wichtigste Wettkampf des Jahres war gibt es doch noch weitere Chancen sich zu beweisen, Erfahrungen zu sammeln oder einfach nur Spaß zu haben.

Trotz einer durchaus zufriedenstellenden deutschen Gesamtbilanz – Nations Cup: Platz 4 – lief die Regatta für uns nicht ganz so perfekt, aber mehr dazu später.

Und leider – es musste ja so kommen – wurden wir auch noch dritt bestes deutsches Team. Eigentlich ist das doch gar nicht schlecht, denken Sie sich jetzt vielleicht. Eigentlich haben Sie auch Recht, ein 29. Platz bei den Weltmeisterschaften und ein 3. Platz aus deutscher Sicht – eine nicht unbedeutende Nation in der 29er Szene – ist mit Sicherheit auch ein tolles Ergebnis, doch leider wäre da noch diese eine Sache: Bei jedem größeren Event muss das dritt beste deutsche Team einen Bericht schreiben.

Naja: Halb so schlimm, da ich sowieso gerade im ICE sitze nehme ich mich diesem einmal an.

Als wir am frühen Dienstagabend, den 23. Juli -es war ein lauer Sommerabend- am Hafen von Gdynia eintrafen, war das schon unser 2. Besuch dieser durchaus schönen Hafenstadt, welche auch als „der Hafen von Danzig“ bekannt ist und etwa 250.000 Einwohner zählt. Der maritime Einfluss ist kaum zu übersehen, gerade wenn man die Stadt während den „Volvo Gdynia Sailing Days“, der größten polnischen Segelveranstaltung -vielleicht ein wenig mit Kieler Woche vergleichbar- besucht. Gdynia beheimatet einen der wichtigsten polnischen Häfen und hier befindet sich auch der Hauptstützpunkt der polnischen Kriegsmarine. Doch auch mit dem 29er haben die örtlichen Segelclubs Erfahrung: Nicht nur richtet der Yacht Klub Polski Gdynia seit mehreren Jahren einen Eurocup aus, der durchaus einen Besuch wert ist, auch die Youth World Championship 2019 wurde in Gdynia ausgetragen. Bei dem vorolympischen Event, dass durch den Weltdachverband des Segelsports organisiert wird, darf pro vorolympische Klasse aus jedem Land nur ein Jungen- und ein Mädchenteam mitfahren. Deutschland wurde hier im 29er von Elena Krupp/Clara Borlinghaus und Jonas Schupp/Moritz Hagenmeier vertreten.

Neben den Segelevents ist auch eine Art Jahrmarkt aufgebaut: Natürlich mit Riesenrad, Achterbahn und Bungeejumping. Beim Bungeejumping ist leider ein paar Tage vor unserer Ankunft das Seil gerissen doch die Person -die sich zwar sicherlich nach ein wenig Nervenkitzel gesehnt hat, höchst wahrscheinlich aber ein wenig andere Vorstellungen von besagtem Sprung hatte- überlebte glücklicherweise, anscheinend erfüllte wenigstens die Matte am Boden ihre Funktion.

Abgesehen davon hat die Stadt auch ein paar schöne Parks. Die steil ins Meer mündenden Klippen und die schönen Badestrände lassen sich auch durchaus sehen und als wäre das alles noch nicht genug stammt auch noch ein Bond Bösewicht aus Gdynia.

Obwohl dieser Teil Polens mal unter deutscher Besatzung war ist von einem deutschen Einfluss, bis auf den örtlichen LIDL, die paar deutschen Bier Läden und dem am Hafen ansässigen Alkoholiker, der zufälligerweise Deutsch sprach und dies auch gerne zur Schau stellte, nur wenig geblieben.

Ich denke dies sollte reichen um sich einen groben Eindruck über Gdynia zu bilden.

Kommen wir also zum Seglerischen. Wie schon oben erwähnt kamen wir also am Dienstag an. Die anderen deutschen Teams müssten auch ungefähr zu dieser Zeit eingetroffen sein.

Also Mittwoch erst einmal aufs Wasser und ein wenig das Revier kennenlernen, das hat nämlich so seine Tücken. Vor allem der Effekt der Kreuzwelle ist nicht gerade einfach zu bewältigen, gerade wenn man noch nicht so viel Erfahrung im 29er Segeln mitbringt. Diese entsteht dadurch dass die normale Welle von der Hafenmole reflektiert wird. Also: Welle aus allen möglichen Richtungen. Kann ziemlich nervig sein auf die Dauer.

Während des Trainings wechselten sich also die leicht- und viel Wind Tage ab und wir konnten bei allen Bedingungen noch einmal trainieren.

Am Samstag war dann Team GER dran mit Vermessen. Also wieder alles abbauen und das Boot zum Wiegen fahren: Wer unter 74 Kg wiegt muss mit Gewichten segeln, was aber zum Glück den meisten erspart blieb, trotz eines durchaus strengen Vermessers.

Danach war nun alles wichtige geschafft und wir konnten uns erst einmal zurücklegen. Die meisten legten einen Tag Pause am Sonntag ein und machten einen Strandtag, gingen Wandern oder auch einfach nur entspannen. Ein paar fuhren das Practice Race mit. Da es hier aber Tradition ist, dass alle bei ca. 30 Sekunden vor dem Start anziehen und auch die Tonnen eher als „freiwillige Selbstverpflichtung“ gelten, hat dies nur begrenzt Sinn.

Und dann war es endlich soweit, die Aufregung wuchs und die ersten Wettfahrten standen vor der Tür. Montag morgens wurden also alle 175 Boote ins Wasser gelassen und wir fuhren gut gelaunt unserer ersten WM Wettfahrt entgegen.

Anfangs lief auch alles nach Plan, wir waren bestes deutsches Team und auch viele andere GERs waren auf Goldfleet Kurs. Doch was auch allen bald bewusst wurde war, dass das Niveau viel höher war als wir zuvor erwartet hatten, dadurch dass anders als bei den Eurocups hier noch viele Top-Leute aus Übersee ihren Hut in den Ring warfen.

Soweit so gut, dass Qualifying verlief wie immer bis zur letzten Wettfahrt spannend, da nach Tag drei die Boote in vier verschiedene Fleets, je nach Platzierung, eingeteilt werden. Das heißt wer also nicht unter den besten 45 gelandet ist, kann also maximal noch die Silberfleet gewinnen und damit 46. werden. Fünf GERs packten zum Glück diese Hürde auch wenn ein paar andere knapp an der Goldfleet vorbeischlitterten.

 

Und dann heißt es neues Spiel neues Glück. Die Platzierung zum Anfang der Finals wird wie eine Wettfahrt gewertet, dass heißt es ist nahezu noch alles drin.

Und einen erfolgreichen Start hatten wir alle mal: Erstes Goldfleet Rennen gleich mal gewonnen.

Doch leider blieb es nicht dabei. Die anderen Wettfahrten liefen auch nicht gerade schlecht, doch leider brach eine Rolle des Genackerfalls am zweiten Tag erst einmal auseinander nach einer kleinen Kollision mit dem Motorboot unseres Trainers. Weitersegeln ging zwar aber nur mit starken Einschränkungen.

Und die Bedingungen am letzten Tag waren leider einer WM ziemlich unwürdig: Dreher die leider komplett ohne System aus allen Richtungen kamen und willkürlich anmutende Böen machten es den Teilnehmern nicht leicht. Leider muss man hier sagen dass auch ein wenig Glück im Spiel war oder eben auch Pech. Und zu allem Überfluss wurde der siebte im zweiten Rennen auch gleich noch durch einen Frühstart zu Nichte gemacht.

So ging unsere erste WM vorbei mit einem 29. Platz, also genau vier Plätze vorbei an dem Privileg seine Platzierung als Segelnummer zu tragen. Diese Ehre wurde nur Jonas Schupp/Moritz Hagenmeier die ab jetzt die Nummer 11 im Segel tragen dürfen und damit auch bestes deutsches Team waren und Christoph Winkelhausen/Rickmer Lenk, ab jetzt GER 20, zu Teil.

Doch auch die U17 Mädchen Weltmeisterinnen kommen ab jetzt aus Deutschland. Diesen Titel konnten sich Katharina Schwachhofer/Elena Stolze sichern.

Zu einer erfolgreichen WM gehört natürlich auch immer eine Weltklasse Afterparty, die mit Sicherheit mal wieder mehr als gelungen ist.

Nicht nur dass es sowieso schon ein Erlebnis an sich ist mit 150 anderen Seglerinnen und Seglern aus ungefähr 30 verschiedenen Nationen feiern zu gehen, der lokale kult-Club Galaktyka nahm es auch mit der Ausweiskontrolle eher ein wenig gelassener am letzten Abend und so wurde die Nacht also hier verbracht.

Teils leicht verkatert und ziemlich übermüdet machten sich also alle, nach einer wilden Nacht, die bis in die frühen Morgenstunden andauerte als die Sonne langsam aufging, auf den Weg nach Hause und wir hatten erst einmal Zeit dieses durchaus gelungene Event Revue passieren zu lassen.

Beitrag von Finn Walter

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